Bahnsinn – Wahnsinniger Bericht aus der Bahn

Angelehnt an das Buch Bahnsinn, dass mir Lihua, eine gute Freundin, bei einer ähnlichen Gelegenheit gesendet hat, tituliere ich auch meinen heutigen Blogeintrag entsprechend. Die Bahn gibt sich mal wieder alle Mühe, mich als Kunden zu vergraulen.  Auf der einen Seite laufen wieder verstärkt Werbeaktionen. Auf der anderen Seite füllt die Bahn das Sommerloch bereits jetzt mit ausgefallenen und verspäteten Zügen. Die letzten Tage in meinem Urlaub habe ich des Öfteren die Bahn genutzt und bin jedes Mal enttäuscht worden. Keine Fahrt ist wie geplant verlaufen.

Da fallen Züge mitten während der Fahrt durch technische Defekte aus, Anschlüsse warten mal wieder nicht, das Zugpersonal kann keine vernünftigen Aussagen machen oder bringt gar falsche Informationen über die Lautsprecher, abenteuerliche Verbindungen, die etliche Reisekilometer hinzufügen, bringen mich schneller zum Ziel als der nächste Zug der direkten Verbindung und nicht zu vergessen, auch wenn gerade Friedenspflicht herrscht, die andere Hälfte der Zeit fahren gar keine Züge, weil das Personal streikt.  Wenn man dann noch wie ich in einem Ort ansässig ist, in dem keine Fernbusse verkehren, also erst ein öffentliches Verkehrsmittel benötigt wird um zu einer der Haltestationen zu kommen, dann bleibt wohl nur das Auto als flexibles und zuverlässiges Verkehrsmittel.

Wie kann es sein, dass ein Zug, der es geschafft hat, seine Verspätung herauszufahren, an der Haltestelle Mainz pünktlich ist, in Mannheim wieder 5 Minuten Verspätung hat, nur weil er in Ludwigshafen, an einem Stadtteilbahnhof, ewig herumsteht? Der Anschluss, der auch nur eine weitere Station zu fahren hat, wartet natürlich nicht.

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Durch die Lautsprecher tönt die Aussage, dass  alle Anschlusszüge planmäßig erreicht werden. Etliche Zuggäste steigen aus; einige schaffen es zurück in den Zug. Was aus den anderen wird? Keine Ahnung.

Die später durchkommende Zugbegleiterin (Wechsel in Mannheim) kann leider nichts unternehmen um meine Verbindung zu retten, sie kann keine Meldung an Züge machen, die nicht der Verbindung regulär zugeordnet sind.
Die Zugbegleiter können mir in Summe nur leid tun. Sie bekommen die ganze Wut der Insassen ab und werden meines Erachtens von der Bahn völlig im Regen stehen gelassen. Sie haben auch nur ein Mobilfunkgerät, mit dem sie auf die Onlineanwendung zugreifen können und sind damit schlechter informiert als die Zuggäste, die wie ich sekündlich die Ansicht der Verbindung aktualisieren, um zu schauen, ob sie eine Chance haben, ihren Anschluss zu erreichen. Das ganze erträgt zumindest die heutige Zugbegleiterin mit viel Geduld und versucht trotz allem freundlich zu sein.

Mit einer Stunde Verspätung geht es dann hoffentlich in Stuttgart weiter. Weniger motiviertes Personal versteckt sich bei der ersten Verspätung und der mündige Fahrgast kann den ganzen Zug durchsuchen, um die Zugbegleiter versteckt in einem Abteil zu finden und sich sein Ticket abstempeln zu lassen, damit hinterher die Entschädigung in Anspruch genommen werden kann. Kundenorientierung sieht in meinen Augen anders aus.

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Statistik

In einer der letzten Ausgaben der Mobile, die Zeitung der Bahn, war ein Artikel darüber, dass Stuttgart die Hauptstadt des Staus ist. Die Autofahrer dort verbringen rund 60 Stunden pro Jahr im Stau. Das hört sich recht viel an. Wenn ich jedoch meine letzten Bahnfahrten als Vergleich heranziehe, relativiert es sich doch. Ich nehme an, die meisten Stauminuten kommen im Berufsverkehr zustande, also durch Autofahrer, die täglich pendeln. Angenommen der durchschnittliche Autofahrer hat 200 Arbeitstage pro Jahr, dann sind dies rund 18 Minuten pro Arbeitstag. Bei meinen letzten zehn Bahnfahrten seit Mai, wäre ich fünf  Mal zu spät angekommen. Warum wäre? Einmal bin ich aus dem Zug wieder ausgestiegen und am nächsten Tag gefahren, da absehbar war, dass ich wieder alle Anschlüsse verpasse. Zum Glück haben Fahrkarten für überregionale Verbindungen eine Gültigkeit von zwei Tagen. Diese zwei Monate also als Referenz genommen,  hatte ich in Summe auch gut und gerne 6 Stunden Verspätung und es wird menütlich mehr. Auf alle Verbindungen verteilt,  sind es 36 Minuten pro Fahrt. Das ist fast doppelt so viel Zeit, wie ich in Stuttgart im Stau verbracht hätte.

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Während ich diese Zeilen schreibe, hat der spätere Anschlusszug nun einen technischen Defekt und die Weiterfahrt wird irgendwann kommen, vielleicht.  Sie tauschen die Lok durch eine „neue“ aus.
Wenn ich dann sehe, um auf Stuttgart zurück zu kommen, wie Milliarden in einen unterirdischen Bahnhof gepumpt werden, vergeht mir die Lust mit der Bahn zu fahren. Ich finde das Projekt technisch spannend und es ist bestimmt eine Meisterleitung der Ingenieurskunst. Für die Milliarden, die dort hinein fließen, kann ich mir jedoch viele Änderungen vorstellen, welche die Kunden deutlich glücklicher machen würden. Denn selbst wenn die Verbindungen auf dem Papier schneller werden, bei den ganzen Ausfällen wird sich besonders für Zuggäste, die außerhalb der Hauptstädte fahren wollen oder müssen, wenig ändern.

Für das viele Geld, könnten die Klimaanlagen der alten ICs auf das für unsere Breiten benötigte Niveau angepasst werden bevor im nächsten warmen Sommer die Gäste wieder vom Krankenwagen abgeholt werden müssen. Im Regional Express, wie der in dem ich gerade in der Sonne schmorre, könnte überhaupt einmal eine sinnvolle Klimaregelung eingebaut werden. Im Winter wird der Gast in einem Moment in den alten Zügen gebraten, im nächsten schaltet die Heizung wieder ab und jetzt an einem schönen Sommertag, verwandeln sich die einzelnen Wagons zu Saunen. Vielleicht sollten die alten Wagons generell überholt oder ersetzt werden. Sie haben in den letzten 50 Jahren einen guten Dienst erwiesen.

Eine weitere Möglichkeit das Geld gut anzulegen wäre,  die existierenden Bahnhöfe zu restaurieren. So finden wartende Gäste zwar immer noch keinen Ansprechpartner außer der Metallkiste, aus der die Fahrkarten kommen, wenigstens erhalten sie jedoch  eine Möglichkeit, sich trocken unterzustellen,  ganz luxuriös im Winter beheizt. Dazu noch einen stillen Ort, um die Notdurft zu verrichten und schon sind die Bahnhöfe viel freundlicher.

14:58

Auch die neue Lok taugt nichts, der Zug steht nun mit technischem Defekt in Murrhart. Die Bremsen haben sich festgefahren….

Falls ihr nichts mehr von mir hört, wisst ihr wo ich verloren gegangen bin … to be continued

 

Bahnsinn

Für Interessierte hier der Link zum Buch:

BAHNSINN

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